In vielen Beiträgen diverser Blogs gibt es immer wieder Hinweise, dass Personalmarketiers und Recruiting-Kollegen mehr und mehr vertrieblich agieren müssen, um erfolgreich im War for Talents zu sein. 🥺 So weit, so gut…
Wir möchten euch heute einen Kniff vorstellen, den wir bereits seit mehr als einem Jahr anwenden: Lead-Erfassung auf Karriere- und Fachmessen. Ja, wir erfassen Bewerbungsdaten direkt in unserem Bewerbermanagement und können sie nahtlos weiterverarbeiten.
Die Idee ist so alt, wie die Arbeitnehmerüberlassung. Ich kann mich noch erinnern, dass clevere Personalagenturen bereits während der CV-Beratung auf Messen die Profile für ihre Kunden erstellt und sie direkt mit den Bewerber*innen abgestimmt haben. Der Vorteil war damals die Verkürzung der Angebotszeit, also vor den anderen Agenturen Bewerbungen zu platzieren und ihnen einen Schritt voraus zu sein. Das ist einfach, aber effektiv. Was ich an der Branche besonders mag: Sie ist erfinderisch, aufgrund der oft schlanken Strukturen schneller angepasst und denkt i.d.R. besonders unternehmerisch👌. Aber das war nicht der Auslöser.
Viel eher war es die digitale Bereitstellung von Bewerbungsunterlagen über mobile Endgeräte. Wir haben also die Möglichkeit konzipiert und mithilfe unserer Unternehmens-IT umgesetzt. Die meisten HR-/Bewerbermanagement-Tools bieten Schnittstellen, bei browserbasierten Masken ist es absolut unkritisch umsetzbar. Das ganze gepaart damit, dass wir unsere Stellenausschreibungen bereits seit vielen Jahren auf Tablets (wir nutzen iPads) mit auf Messen in der Tasche haben, entstand der Gedanke: Warum sprechen wir mit den Bewerbungsinteressierten nur über perspektivische Bewerbungen und bomben sie mit Flyer, Visitenkarten und Give-Aways zu? Der Vertrieb erfasst seitdem es Stift und Papier gibt Gespräche auf Messen, um weitere Kontaktpflege betreiben zu können. Und hier ist genau das Problem: man hat hunderte Kontakte auf den Messen und die Leute bewerben sich oder nicht. Noch schlimmer: Man hat mehrere Print-CVs im Gepäck, die man weder datenschutzgerecht behandeln kann, noch sie für die digitale Weiterverarbeitung besonders geeignet sind. Was erreichen wir damit?
- Wir dokumentieren die Anzahl von Gesprächen. Unabhängig von der Qualifikation dokumentieren wir die Informationen (knapp) aus Gesprächen mit Interessierten. Praktisch arbeiten wir über eine speziell für die Messen angelegt Ausschreibung, die nur über einen Link erreichen kann, den wir per QR-Code mit auf die Messen nehmen. D.h. Fotomodus im Tablet, Code auslesen, Daten eingeben, usw. Wir wissen also, wie viele Kontakte wir pro Messe aufgenommen haben. Das unterstützt unsere Entscheidung, welche Messen in Zukunft sinnvoll und welche verbranntes Geld sind. 🤨
- Alle Interessierten bekommen die klassische Eingangsbestätigung, also noch einmal einen Reminder zu dem Gespräch. Das ist aus Marketingsicht oft effektiver als eine andere Werbebotschaft, die im Jute-Beutel zwischen den Stressbällen, Schlüsselanhängern und Kugelschreibern verschwindet. Mit dabei sind die Kontaktdaten von uns.
- Durch die erfassten Kontaktdaten haben wir die Möglichkeit Nachrichten an die Interessierten zu versenden. Diese können ganz verschieden geartet sein: konkrete Positionsangebote, Nachforderungen von Bewerbungsunterlagen (denn diese erfassen wir selten auf Messen) oder gar die Gelegenheit eine direkte Einladung zu Vorstellungsgesprächen anzubieten. Die Tendenz, dass Bewerber immer passiver werden, rückt damit in den Hintergrund, da wir die Initiative übernehmen und den Interessenten gegenüber individuell agieren können. Wenn man mehrere Kollegen im Team hat, geht das sogar parallel zur Messe. Auch hier ist also wieder eine Zeitersparnis möglich.
- Der Datenschutz ist für uns ein sehr wichtiges Thema und die Einhaltung dessen muss gut abgeklärt sein. Durch unsere technische Idee und die Orientierung des Prozessablaufs an „gewöhnlichen“ Bewerbungsvorgängen war die Nutzung unserer sowieso vorhandenen Datenschutzhinweise und Tool-Beschreibungen möglich. Das heißt mit kurzem Check und sehr kleinen Anpassungen haben wir ein sauberes Vorgehen gefunden.

Es gibt natürlich auch Probleme, die auftreten können. Zwei davon möchte ich näher beschreiben, weil wir gute Lösungen dafür gefunden haben.
- Ist der Invest nicht sehr hoch? Dieser Einwand ist an sich richtig: Es entstehen mehr Kosten, also ohne die Tablets, denn diese sind der Kostentreiber. Allerdings hat man so kaum Papiermedien mehr dabei (die auch Kosten verursachen, insbesondere variable Kosten) und man kann die Tablets vielfältig einsetzen: Stellenbörse auf Messe, mobiler Zugriff auf Bewerbermanagement, eben die Generierung von „Leads“ und wir nutzen sie in papierlosen Vorstellungsgesprächen. Das kommt bei den Bewerbern sehr gut an!
- Wichtig bei unserem Konstrukt ist die Erreichbarkeit des Internets. Nicht alle Veranstalter können das Netz sicherstellen und das führt dazu, dass wir keine Verbindung zu unserer „Messeposition“ bekommen können. Wir stellen immer sicher, dass eine Person aus dem Team ein Hotspot-fähiges Telefon dabei hat. Wir erstellen dieses Netz dann immer als Teil des Aufbaus. Die Abdeckung reicht i.d.R. aus und wir kommen reibungslos durch die Messetage.
Wie sieht denn die Zukunft der „Lead-Erfassung“ aus? Eine Idee, die mich schon lange bewegt: Voice-Aufnahme. Also die Kandidat*innen auf den stummen Mithörer aufmerksam machen, dann ein ernsthaftes Gespräch führen und automatisch Felder im Bewerbermanagement-Tool füllen lassen. Diese kann der Bewerber dann kurz checken, bestätigen und schon ist alles erledigt. Für mich ergibt sich der Vorteil der vollen Konzentration auf mein Gegenüber! Diese Technologie würde gleichzeitig die Möglichkeit eröffnen, wenn ich eine Position entdecke: 👱♂️: „Alexa, bitte sende meine Bewerbung an die T-Systems Multimedia Solutions“. 🤖: „Das mache ich. Bitte gib noch deine Kündigungsfrist an“. 👱♂️: „Ich stehe zum 1. April 2020 zur Verfügung.“ – und das war’s. Wie cool wäre das denn!
Euer Nico
Header-Foto von Volodymyr Hryshchenko (Unsplash.com)