Vorstellungsgespräche führen, ist für mich eine meiner Lieblingsaufgaben als Recruiter. Jedes Gespräch ist doch immer wieder anders und i.d.R. kann man sich immer etwas mitnehmen. In unseren Gesprächen hält der Bewerber in den ersten 10 Minuten einen Vortrag zu einem freigewählten Thema. Die Themen sind meist fachlicher Natur und teilweise sehr anspruchsvoll. Aber gerade das finde ich dabei sehr reizvoll.
So schön Gespräche auch sind, sind Sie auch jedesmal eine kleine Herausforderung. Klar, man ist mittlerweile so professionell, dass die meisten Situationen durch Fragetechniken oder andere Methodiken gut balancierbar sind, aber es gibt soviele Faktoren, die zu einem positiven Gesamtbild und damit zu einem guten Gespräch beitragen.
Ich will euch heute die aus meiner Sicht drei wichtigsten Punkte – auch in Hinblick auf Candidate Experience – in einem Gespräch vorstellen. Bevor wir damit starten ein kleiner Exkurs:
Was ist eigentlich Candidate Experience? 🤔
Candidate Experience ist ein Begriff der alle Erfahrungen und Eindrücke eines Bewerbers in Bezug auf uns als Arbeitgeber zusammenfasst. Diese Eindrücke beginnen schon weit vor dem ersten Direktkontakt, z.B. auf Messen, Social Media Aktivitäten des Unternehmens, Website etc.. Sie ist ein Kernelement der Candidate Journey. 🤔🤔🤔
Daher ist es enorm wichtig, überall dort wo der Bewerber mit dem Unternehmen in Kontakt kommt, einen konsistenten Eindruck zu hinterlassen, die Unternehmenskultur und Wertschätzung zu vermitteln. Der Nutzen dahinter: Mehr qualifizierte Bewerbungen und Empfehlungen aus entsprechenden Netzwerken.
Ok, und jetzt zurück zum Thema. Die Candidate Experience ist natürlich auch im direkten Vorstellungsgespräch ein zentrales Element. Um diese positiv zu gestalten, sind nachfolgende Punkte aus meiner Sicht entscheidend:
📌 Atmosphäre im Gespräch
Die Atmosphäre zu Beginn des Gesprächs , also auch der erste atmosphärische Eindruck, ist einer der wichtigsten auf Bewerberseite. Hier kann man also punkten. Die Basics sollten klar sein: ein ruhiger, repräsentativer Gesprächsraum, in dem man gewährleisten kann, dass es zu keinen Störungen kommt. (wer kennt sie nicht die spontanen Bohrarbeiten im Nachbarbüro 🙊)
Versucht euch nicht zu verstellen. Jeder sollte möglichst authentisch bleiben und vor allem locker. Es soll (außer wenn gewünscht, z.B. in einem Assessment Center) keine Prüfungssituation sein, sondern ein Gespräch auf Augenhöhe. Selbst die Sitzpositionen können hier beitragen. Setzt euch über Eck und nicht frontal.
📌 Struktur & Inhalt
Hier sollten alle einen gewissen roten Faden verfolgen. Ich versuche meine Gespräche immer mal wieder etwas umzustellen, neue Fragen zu probieren, neue Elemente einfließen zu lassen (z.B. ein Rundgang durch die Firma nach dem Gespräch), doch mein Grundschema, wann passiert was, ist immer gleich und gibt damit jeder Seite eine gewisse Sicherheit. Inhaltlich sollte man ein realitätsnahes Bild der eigenen Company wiedergeben. Der Kandidat will kein marketing speech, sondern herausfinden „wie tickt dieses Unternehmen“ und „welche Unternehmenskultur wird gelebt“.
Wir geben jedem Kandidaten ein umfangreiches Feedback zu seinem Vorstellungsgespräch. Auch wenn es nicht passt. Dafür notwendig: Macht euch viele Notizen, um im Anschluss wertvolles und wertschätzendes Feedback geben zu können, idealerweise auf einem strukturierten Bogen. So findet ihr die Hinweise auch schnell.
Was bei vielen häufig vergessen wird: auch der Kandidat hat Fragen. Schafft hier ausreichend Platz für Bewerberfragen und auch Platz für Informationen über Aufgaben und Team. Ich plane hier in meiner zeitlichen Agenda 15 Minuten ein. Sollten wir diese Zeit nicht brauchen, hab ich immer noch etwas Puffer für andere Themen.
📌 Verhalten der Interviewer
Okay, ich kenn das auch. Man kommt etwas abgehetzt aus dem letzten Meeting und das Vorstellungsgespräch steht schon in den Startlöchern. Doch die Inhalte aus dem letzten Termin schwirren noch durch den Kopf. Oder man ist einfach mit dem falschen Fuß aufgestanden und nicht so richtig startklar. Versucht euch davon frei zu machen. Lieber fangt ihr 5 Minuten später den Termin an, trinkt nochmal einen kräftigen Schluck Kaffee und atmet nochmal durch, als dass ihr in das Gespräch mit nur halben Akku und halber Aufmerksamkeit startet. Besser ist es noch, wenn ihr dem Kandidaten persönlich Bescheid gebt und ihn um ein paar Minuten Geduld bittet.
Denn das entscheidendste in der Runde, ist ein echtes Interesse am Bewerber. Also nicht nur an seinem CV, sondern auch an seinen Erfahrungen, Stärken und der Person hinter der PDF. Ihr solltet euch hier ganz individuell mit den Themen auseinandersetzen. Das heißt auch, bereitet euch im Vorfeld vor. Ihr als Interviewpartner solltet auch immer ein kurzes Briefing mit den Interviewern führen, bevor ihr den Kandidaten abholt.
Die wichtige Augenhöhe hatte ich ja schon erwähnt. Lasst also eurer Smartphone in der Tasche, beantwortet nicht mal schnell noch eine Mail und krizzelt nicht in den Notizen. 🤫
Und ein kleines Detail: Es darf (gemeinsam) gelacht werden. Die schönsten Gespräche sind meist die, in der es nicht nur um die Bewerbung geht, sondern die Wertschätzung und das Menschliche dominieren.
📌 Fazit
Zusammenfassend kann man sagen, eine gelungene Candidate Experience in Gesprächen ist doch recht simpel. Es ist die Summe der vielen kleinen Details, die über ein gutes oder weniger gutes Gespräch entscheidet. Wenn ihr das auch auf die anderen Phasen übertragt, also einen schnellen, reibungslosen und kommunikativen Bewerbungsprozess baut, dann seid ihr hier schon gut aufgestellt und die erfolgreiche Journey kann beginnen. 🚀
Wie handhabt ihr eure Gespräche? Habt ihr weitere Ideen? Dann schreibt uns gern an.
Euer Johannes