Im Rahmen eines Einführungsprojekts für eine Skillmanagement-Lösung hatte ich einen Austausch mit Serafima Bienstock. Wir kennen sie im Unternehmen alle als „Sima“ und wir hatten uns ewig nicht gehört, geschweige denn gesehen. Wir haben uns über Urlaub und das Reisen unterhalten, als ein Feuerwerk an Begeisterung auf mich zu kam. Den Austausch wollte ich gerne fortsetzen und euch an ein paar Fragen teilhaben lassen. 🤩
Hallo Sima, als wir das erste Mal über dein Sabbatical gesprochen haben, hast du mit großer Begeisterung davon erzählt. Kannst du unseren Leserinnen und Lesern verraten, was du mir erzählt hast?
Die Möglichkeit eine so lange Auszeit zu nehmen, war ein Traum – nach 20 Jahren Arbeit im Unternehmen war ich sehr dankbar für diese Chance. Wie man die freie Zeit nutzt, hängt natürlich immer von den eigenen Interessen ab. Ich bin schon immer gern gereist und habe die Auszeit daher genutzt, um 3 größere Reisen zu unternehmen.
Eine der Reisen führte beispielsweise über Singapur und Bali nach Neuseeland und Australien. Es war eine sehr erlebnisreiche Zeit, die sich mit einem regulären Urlaub nicht vergleichen lässt. Verreist man nur für 2-3 Wochen, hat man ein Stück weit immer die Arbeit und Alltag im Hinterkopf. In meinen neun Monaten Auszeit konnte ich hingegen einen Gefühl der Freiheit gewinnen und genießen.
Warum hast du dich dazu entschieden ein Sabbatical zu nutzen?
Einen direkten Auslöser gab es nicht. Früher wäre es für mich nicht denkbar gewesen, da mit schulpflichtigen Kindern die Prioritäten anders gesetzt sind. Bezogen auf meine Arbeit hatte ich außerdem immer das Gefühl, dass ich bei einer Auszeit meine Kolleginnen und Kollegen im Stich lassen würde – heute weiß ich jedoch, dass diese Gedanken eher ein selbstgemachter Zwang sind. Nachdem die Kinder aus dem Haus waren, habe ich dann immer häufiger über die Möglichkeit nachgedacht.
Was hat dir während deiner Auszeit am meisten gefallen?
Es gab viele Highlights während meiner Reisen. Ein fantastischer Moment war, als ich auf der Chinesischen Mauer lief, und es anfing zu regnen. Die ganzen Touristen verschwanden und ich stand ganz allein dort als ein Regenbogen erschien. Dieser Moment war sehr emotional für mich, die Welt kam mir wahrhaftig vor. Ein weiteres Highlight war eine unvergessliche Sternschnuppennacht am Baikalsee. Die meisten dieser besonderen Momente spielten sich in der Natur ab, da ich bewusst naturbezogene Reisen geplant hatte.
Wie lief die Organisation ab?
Den Großteil der Reisen habe ich selbst organisiert. Ich habe mich vorher viel belesen und mich von Bildern in Reiseführern inspirieren lassen. Geführte Reisen sind mir zu durchgetaktet. Bei selbst organisierten Reisen hat man viel mehr Spontanität und die Freiheit auch mal länger an einem Ort zu bleiben, wenn es einem dort gefällt.
Was waren deine Erkenntnisse nach deiner Reise? Konntest du davon welche in deinen Berufsalltag einbeziehen?
Nach dem Sabbatical war meine Motivation für die Arbeit wieder sehr hoch. Ich hatte wieder Lust auf die Aufgaben, die mich erwarten, und ich habe die Situation als eine Art Neustart betrachtet. Der Start erfolgte sogar in einer neuen Position.
Persönlich gesehen war es insgesamt eine Bestätigung dafür, dass Reisen etwas Wunderbares sind. Kulturelle Begegnungen sind immer eine Bereicherung. Ich weiß, dass einige meiner Kolleginnen und Kollegen auch darüber nachdenken sich eine Auszeit zu nehmen. Ich würde es jedem empfehlen, der die Möglichkeit dazu hat.
Wie ist die Auszeit mit deinem Arbeitgeber geregelt worden?
Wir arbeiten bei der MMS vorrangig in Projekten. Dieses Projektgeschäft macht eine Auszeit möglich, wenn man es gut plant – denn irgendwann hat jedes Projekt ein Ende. Natürlich muss der Arbeitgeber das Konzept auch unterstützen, z.B. über eine betriebliche Regelung oder eine individuelle vertragliche Vereinbarung. Bei uns kann man Bestandteile seines Gehalts in ein Langzeitarbeitskonto einzahlen und dieses dann während des Sabbaticals abbauen. Die Höhe des Gehalts in der freien Zeit ist auch leicht variabel und kann von den Mitarbeitenden bestimmt werden.
Damit das Unternehmen keine Nachteile hat, sollte man seine Auszeit gemeinsam mit der Führungskraft und dem Team planen. Durch größere Teams, in denen Vertretungen leichter zu organisieren sind oder auch durch Modelle wie Jobrotation, also temporäre Nachrücker aus anderen Teams, kann eine solche Planung unterstützt werden.
Gab es auch „Gegner“ deiner Reise? Was waren Barrieren?
Eigentlich nicht, für mich war der Ablauf und jeder Tag perfekt. In meinem privaten Umfeld gab es ein paar Bedenken, z.B. dass unternehmerische Veränderungen, die ich verpassen würde, zur Gefahr für den Wiedereinstieg werden könnten. Ich selbst hatte aber keine Zweifel.
Spannend ist, dass sich während meiner Abwesenheit tatsächlich einige Dinge verändert haben. Es haben sich für mich neue Aufgaben ergeben, die mir aber mittlerweile schon seit 3 Jahren viel Freude bereiten.
Was würdest du in Zukunft anders machen?
In der Vorbereitung würde ich nichts anders machen. Man sollte sich Zeit für die Planung nehmen, Informationen sammeln und offen bleiben. Vorfreude gehört für mich tatsächlich zu einer der schönsten Freuden.
Ich habe mir vorgenommen weniger zu fotografieren, da ich nicht mehr so viel Zeit mit der Kamera vor dem Gesicht verbringen möchte. In der Corona-Zeit habe ich begonnen zu malen. Vielleicht könnte ich das zukünftig auch unterwegs tun, statt der Fotos.
Wie kann man als Unternehmen ein solches Vorhaben unterstützen?
Da ein Sabbatical i.d.R. finanzielle Einschnitte bedeutet, sollte es im Unternehmen die Möglichkeit geben ein Konto mit Stunden oder Geld aufzufüllen. Das bedeutet nicht nur Gehaltsfortzahlung, sondern auch das Beibehalten von Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung.
Wichtig ist auch, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu vermitteln, dass er oder sie bei der Rückkehr willkommen sind. Eine innere Sicherheit sollte entstehen, ohne die Angst vor einer Zurückstufung oder einer verpassten Karriere.
Es ein sehr individuelles Thema, daher ist auch Flexibilität bezüglich des Zeitraums wichtig. Einige wünschen sich längere Zeiten, andere nur wenige Wochen.
Was möchtest du den Leserinnen und Lesern noch mitgeben?
Fehlende Zeit ist oft der größte Träume-Killer. Eine Auszeit sollte den individuellen Bedürfnissen gerecht werden und genutzt werden, um sich solche Träume zu erfüllen. Selbstfindung, Ehrenamt, ein Buch schreiben, Reisen, was Grandioses zu erfinden – alles braucht Zeit. Ein Sabbatical ist eine großartige Möglichkeit, um neue Perspektiven einzunehmen.
Vielen Dank für den sympathischen Austausch, Sima!
Für euch Lesenden zum administrativen Nachvollziehen in absoluter Kurzform: In der MMS können tarifliche oder außertarifliche Mitarbeitende freiwillig ein Lebensarbeitszeitkonto eröffnen. In Form von Gehaltsumwandlungen erfolgt das Ansparen und der Abbau erfolgt mittels sozialversicherter Freistellung. Das muss nicht unbedingt ein Sabbatical sein. Einige nutzen es auch zum Ausgleich von temporär verringerten Arbeitszeiten.
Welche Modelle kennt ihr oder habt ihr Fragen? Dann immer her damit!
Euer Nico
PS: Danke Vivian, für die tatkräftige Unterstützung!
Unsere Gesprächspartnerin: Serafima „Sima“ Bienstock

Das sagt Sima über sich selbst:
📎 Ich arbeite seit 26 Jahren bei T-Systems MMS,- worüber ich selbst am meisten erstaunt bin. Die letzten 3 Jahren bin ich im Bereich Business Development tätig.
😊 Bin gerade Oma geworden. Mal schauen, was das bedeutet. Das ist auch eine Art neue Reise.
📗 Ich lese sehr viel – und unverschämt durcheinander: von klassischer Literatur bis Schmöker „für den Abend“.
🍰 Ein Tag ohne Kuchen ist definitiv kein guter Tag!