Gerade hatte ich mein letztes Meeting. Der Tag war – wie viele andere – sehr schnell vergangen. Die Woche war voll mit virtuellen Terminen mit dem Team, mit anderen Kolleginnen und Kollegen des Unternehmens, mit externen Lieferanten, und so weiter. Kommunikation war schon immer wichtig, aber so viel? Wie habe ich eigentlich kommuniziert? Wie sehen das die anderen? Viele Fragen, über die ich mir nach solch einer Woche auch gerne mal Gedanken mache. Umso besser, dass ich die Chance hatte mit Lena zu sprechen. Lena ist in meinem Team eine wertvolle Mitstreiterin, angefangen von Projektaufgaben, Konzepten, bis hin zum Teamzusammenhalt und vielem mehr. Mit ihr habe ich mich etwas länger über Kommunikation ausgetauscht. Die Inhalte unseres Gesprächs teilen wir gerne mit euch.
Hallo Lena, wenn du an „Kommunikation“ denkst: Was verbindest du generell damit und dann speziell mit dem Arbeitsalltag?
Kommunikation verbindet uns als Menschen, ist also ein elementarer Bestandteil des Alltags von jedem, nicht nur auf die Arbeit bezogen. Ohne Kommunikation könnten wir das Interview beispielsweise nicht führen. Bereits Friedemann Schulz von Thun hat es mit den vier Seiten einer Nachricht beschrieben. Alles, was ich kommuniziere sendet mehrere Botschaften und je nachdem, welches Ohr des Zuhörenden ich treffe, wird die Nachricht anders empfangen. Kurzum, was ich sagen wollte und das, was anderen hören, stimmen sehr häufig nicht überein. Das ist ein typischer Aspekt, der im Arbeitsalltag wirklich häufig schief geht. Es gibt auch noch andere Störungen. Im HR-Kontext kann das z.B. eine ausbleibende Antwort auf eine Bewerbung sein. Ich interpretiere dann, dass das Unternehmen seine Prozesse nicht im Griff hat oder kein echtes Interesse an den Bewerbenden existiert. Das geht in die Richtung von den Axiomen von Paul Watzlawick. „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Das haben wir alle schon einmal gehört. Diese und weitere Störungen, z.B. durch unterschiedliche Codierung unserer Nachrichten, führen auch zu Schwierigkeiten im Arbeitsalltag. Hilfreich ist es hier, sich mit seiner eigenen Kommunikation auseinanderzusetzen und zu verstehen, was ich da eigentlich gerade tue. Interessant ist es auch, wenn auf einmal Mittel der Kommunikation wegfallen, z.B. die Körpersprache. Allein technische Probleme mit der Kamera in virtuellen Meetings führen dazu, dass man anders verbal kommunizieren muss, damit die nahezu gleiche Botschaft heraus- und ankommt, als wenn ein Bild dabei wäre.
Was deine Erfahrungen und dein Studium angeht, so kann ich behaupten, dass du dich mit Kommunikation auskennst. Wie würdest du deinen Wissensschatz diesbezüglich beschreiben?
Wenn du diese Frage stellst, dann fällt mir dazu direkt eine Studie ein: Weit mehr als die Hälfte schätzt sich besser ein als der Durchschnitt 😁. Im Ernst: Auf der theoretischen Wissensbasis bin ich vielleicht besser informiert als das Team. Im Vergleich zu Kommilitoninnen und Kommilitionen bin ich nahezu gleichauf. Es gibt aber auch noch diejenigen, die direkt Kommunikationswissenschaften studieren. Sie haben vermutlich einen höheren Wissensstand. Auch bei Kommunikation lerne ich jeden Tag dazu. In den Theorien rund um Kommunikation gibt es den Vorteil, dass diese eine lange Halbwertszeit haben und das erworbene Wissen auch lange Bestand hat. Spannend ist natürlich, dass manche Theorien z.B. in der digitalen Welt anders bewertet werden, als vor der Digitalisierung. Nach meiner Meinung sind die meisten Theorien so formuliert, dass sie ihre Gültigkeit nicht verlieren.
Meinst du, du hast ein Talent zur Kommunikation?
Talente sind aus meiner Sicht eher Dinge, die man in die Wiege gelegt bekommen hat. Ich könnte beispielsweise keinen TED-Talk abhalten und der ganze Raum hört gespannt zu. Ich habe es nie probiert. Wenn ich gefragt werde, würde ich jemand anderem den Vortritt lassen. Ich würde eher sagen, ich habe viel Wissen über Kommunikation.
Bei uns im Unternehmen agiere ich als dein Pate, eine Art Mentor. Das mache ich sehr gerne. Ein wichtiger Bestandteil dieser Aufgabe ist m.E. der „sehr gute“ Austausch zwischen Pate und Lernenden. Was ist für dich ein „sehr guter“ Austausch und wie nimmst du die gegenseitige Kommunikation bei uns beiden wahr?
Ganz allgemein finde ich es wichtig, dass man einen guten Einstieg in das Gespräch findet, z.B. eine Art Warm Up durch Small Talk. Wenn du dies möglich machst, schafft das einen angenehmen Austausch. Die Kommunikation zwischen dir als Pate und mir ist zwangsweise etwas einseitig. Trotzdem sollten beide Seiten alles loswerden können, was sie möchten. Demnach ist Raum für Nachfragen wichtig. Und Produktivität spielt für mich eine besondere Rolle, also es sollten beispielsweise auch Entscheidungen fallen, die notwendig sind. Auch kann man in Gesprächen viel lernen. Gerade das ist es, was für mich einen sehr guten von einem guten Austausch unterscheidet. Zudem soll Wertschätzung im Austausch vorhanden sein. Es muss Kommunikation auf Augenhöhe erfolgen. Von dir kenne ich die lockere Art der Kommunikation, zum Thema passende Sprüche, die insgesamt einen wohlfühlsamen Eindruck erzeugen. Durch deine Kommunikation wird deutlich, dass du meine Aussagen wertschätzt und dir Gedanken darüber machst, was ich erarbeite oder sage. Du machst zwar auch Anweisungen oder übergibst Aufgaben, aber das machst du fair und auf Augenhöhe. Manchmal habe ich das Gefühl, dass du schon einen Plan hast, mir das aber nicht mitteilst. Dadurch habe ich gelernt Fragen zu stellen, um Klarheit zu gewinnen. Richtig gut finde ich, dass dein offenes Ohr und deine Erreichbarkeit stets gegeben ist.
Vielen Dank 😊 Und dennoch die Frage: Wenn du mein Pate wärst, was wäre anders?
Ich würde im Prozess häufiger nachfragen. Nicht weil ich mir das von dir oder anderen wünsche, sondern weil ich Angst vor Nichterfüllung meiner Qualitätsansprüche habe.
Was ist eigentlich diese „Kommunikation auf Augenhöhe“, von der alle reden? Bitte beschreibe deine Sicht dazu.
Hier muss ich gleich an mein Studium denken: Die Transaktionsanalyse mit ihren verschiedenen Ichs. Jeder Mensch hat drei Ichs: 1) das Eltern-Ich, 2) das Erwachsenen-Ich und 3) das Kind-Ich. Wenn du zu mir im Eltern-ich kommunizierst, also z.B. von oben herab, sollte darauf geachtet werden, mit welchem Ich ich antworte und entsprechend darauf reagiert werden. Der Austausch zwischen deinem Eltern-Ich und meinem Kind-Ich würde bei mir nicht das Gefühl der Augenhöhe erzeugen.
Ich kenne dich als sehr selbstständige Person. Würdest du sagen, dass die beschriebene Art der Kommunikation die Selbstständigkeit eher fördert oder sie eher behindert? Was funktioniert nicht so gut und könnte verbessert werden?
Das ist sehr von Personen abhängig. Ich glaube, du musst eine gewisse grundlegende Selbstständigkeit mitbringen. Wenn diese nicht da ist, weil z.B. der vorhergehende Job das gar nicht unterstützt hat, dann ist die Art der lockeren Kommunikation und vielen Freiheitsgrade eher schwierig und man wird dort nicht oder nur zufällig hineinwachsen.
Du bist in einer Zeit zu uns gekommen, die für alle von uns ungewöhnlich war – Ein neues Unternehmen, in dem die meisten im Home Office arbeiten, eine neue Stadt und neue Aufgaben. Die Kommunikation steht bei den meisten Teams auf der Liste der Herausforderungen ganz weit oben. Was hat dir geholfen? Was ist eher kontraproduktiv?
Gut war, dass ich eine feste Person als Ansprechpartner hatte. Für mich war die Situation selbst nicht neu. Auch in meinen bisherigen Aufgaben war ich gezwungen ad hoc auf Anliegen anderer zu reagieren. Das hat mir sicherlich auch geholfen. Schwieriger sind zurückhaltende Kolleginnen und Kollegen, da man beispielsweise die Seufzer in der Kaffeeküche nicht hört und kommt weniger spontan ins Gespräch.
Welchen Tipp bzw. welche Tipps kannst du „Neuen“ mitgeben, damit sie eine erfolgreiche Lernenden-Zeit erleben?
Aktiv auf andere zugehen. Im virtuellen kannst du z.B. zeitiger in den Call gehen und schauen, ob andere für persönlichen Austausch da sind. Es ist immer gut sich einzubringen, viele Fragen zu stellen, Neugier zu zeigen. All das hilft, um Wissen zu erhalten.
Vielen Dank Lena für den spannenden Austausch. Auf weiterhin gute Zusammenarbeit 😎
Unsere Gesprächspartnerin: Lena Schweizer

Moin, ich bin Lena und studiere Weiterbildungsforschung und Organisationsentwicklung an der TU Dresden, wobei meine Leidenschaft im zweiten Teil des Namens meines Studiums liegt. Die Projektarbeit in großen Unternehmen interessiert mich schon seit längerem, sodass ich bei der T-Systems Multimedia Solutions als Werkstudentin angefangen habe, um hier praktische Erfahrungen sammeln zu können. Meine Freizeit verbringe ich gerne mit Freundinnen und Freunden, mache Yoga oder reise, um neue Orte und Kulturen kennen zu lernen.
Header-Foto Antenna (Unsplash.com)