Eine App allein ist keine Lösung.

In meinem letzten hr snack hab ich euch einen Artikel zum Thema Onboarding per App empfohlen. Daraufhin erreichte uns ein Kommentar von Stefanie, die gerne wissen wollte, ob wir mehr über unserer App und/oder eine Empfehlung sprechen können. Nico und ich haben das als Anlass genommen, mit dem Mitarbeiter-App und Onboarding Experten Ulf-Jost Kossol in einem kleinen Interview ein paar Fragen zu stellen. 💬 Und deine Frage, Stefanie, wird ebenso beantwortet. 😏

Hallo Ulf, stelle dich doch bitte unseren Lesern in einigen Sätzen vor..

Mein Name ist Ulf Kossol, ich bin jetzt schon eine ganze Weile Führungskraft im Bereich People Experience, welches in der T-Systems MMS zu den Themenkomplexen Digital & New Work gehört.

Ich hätte mir in der Vergangenheit nicht ausmalen können, so einen starken Bezug zu HR Themen zu haben . Doch heute stehen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Fokus meiner Art – sowohl im eigenen Team als auch für unsere Partner und Kunden. People Experience ist ein hochspannendes Wissensgebiet, wo sich viel bewegt. Aus meiner Sicht wird HR auch weiterhin eine immer bedeutendere Rolle in Unternehmen zukommen und damit auch in der Weiterentwicklung vieler Prozesse spielen – wie auch in eurem heutigen Thema, dem Onboarding.

Das Onboarding ist tatsächlich ein Prozess, an dem keiner vorbeikommt. Aber was bedeutet für dich eigentlich gutes Onboarding?

Das Onboarding ist einer dieser Moments that matter im Lebenszyklus einer Kollegin und eines Kollegen. Es ist essenziell, das positive Gefühl und Erleben, welches eine Person z.B. im Einstellungsprozess erlebt hat, auch während ihres ersten Arbeitstages wiederzufinden. Onboarding geht dabei darüber hinaus. Bildlich gesprochen haben viele Unternehmen einen überragenden ersten Arbeitstag, man lernt andere Neuankömmlinge kennen, baut Beziehungen auf, lässt sich von Expertise in Brand- und Datenschutz berieseln. Wichtig ist, dass die Fortführung der Erlebnisses nicht auf den Einstellungsprozess und den ersten Arbeitstag beschränkt ist, sondern die neuen Mitglieder sich auf am zweiten und dritten Tag willkommen fühlen. Positive Erlebnisse, individuelle Betreuung und sich Zeit zu nehmen für die Neuen müssen die Schwerpunkte im Onboardingprozess bilden.

Und ganz klar: Aus Unternehmenssicht geht es darum die Produktivität von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schnellstmöglich herzustellen. Die Frage ist also, wie schaffe ich es, die Arbeitsfähigkeit möglichst effektiv und klar herzustellen, gepaart mit der Auswahl geeigneter Tools.

Unsere Leserin Stefanie hatte Fragen zum App-gestützten Onboarding geäußert. Kannst du uns bitte beschreiben, wie genau funktioniert das Onboarding mittels App?

Naja, man muss die Frage etwas differenzierter betrachten. Mittels Apps gibt es die Chance, dass der Prozess nicht mit dem Onboarding startet, sondern wesentlich früher. Eine App unterstützt i.d.R. nämlich nicht nur das reine Onboarding, sondern setzt bereits ein paar Schritte davor an. Das sogenannte Preboarding, also die Zeit nach Vertragsabschluss mit den Kandidaten und Kandidatinnen, die bis zum ersten Arbeitstag vergeht. Hier kann man mit Zugriff auf erste Informationen und individuelle Kommunikation möglichst früh eine Bindung an das Unternehmen aufbauen. In dieser Hochmotivationsphase eines künftigen Starters ist es enorm wichtig eine Anlaufstelle anzubieten, um mögliche Fragen proaktiv abzufangen und vielleicht auch schon mit ersten organisatorischen Dingen zu starten. Man kann hier schon erste Belehrungen oder Schulungen möglich und das vollkommen ohne den Einsatz von Arbeitszeit. Was in Summe das Entscheidende ist: die Fluktuationsrate vor Arbeitsantritt kann somit gemindert werden.

Auch wenn manche Apps noch kein Preboarding bieten, dann sind sie dennoch Lieferanten für wichtige Kommunikationskanäle und kann virtuell Einarbeitungshinweise transferieren. Damit ergänzt eine App den direkten Kontakt zu der Belegschaft, zu Mentor*innen und zu Wissen, welches die Starter benötigen. Damit kann über die App der Zugriff auf Dokumentation, Abläufen und vieles mehr auch über die Einarbeitung hinaus zur Verfügung stellen.

Apps im Onboarding haben oft auch andere Vorteile. Es gibt bei unternehmenseigenen Systemen oft Schwierigkeiten noch nicht im Unternehmen befindliche Nutzende mit Informationen zu versorgen. Datenschutz und Informationssicherheit sind nur zwei Barrieren, die es zu beachten gilt. Eigenständige Anwendungen sind hier hilfreich und die Bereitschaft eine App auf sein privates Device zu installieren ist sehr hoch.

Das klingt doch sehr spannend 🤩 Aber wenn man mit dem Thema noch nichts zu tun hatte, wie findet man hier einen guten Einstieg? Sprich: welche App und warum sollte ich wählen? Und wie kann ich mich für eine App oder Anbieter entscheiden?

Das kommt natürlich immer darauf an, mit welchen Voraussetzungen ich das Thema beginne. Habe ich vielleicht schon eine Applikation als Kommunikationsmedium für interne Mitarbeiter, dann lohnt sich hier i.d.R. die Erweiterung der bestehenden Lösung durch einen Onboarding-Prozess. Hier gibt es Anbieter, wie bspw. Staffbase, die eine umfangreiche App-Plattform bieten. Wir arbeiten bereits recht lange mit Staffbase zusammen und setzen auch deren App selbst ein. Unternehmensindividuelle Anpassungen sind dann oft nötig, bringen aber Mehrwerte, wenn sie entsprechend gestaltet sind. Wenn man jedoch noch gar keine App im Einsatz hat, eignet sich oft eine spezialisierte App, gemäß dem Single Purpose Prinzip.

Es gibt also allgemeine Apps und die, die spezialisiert auf bestimmte Prozess sind. So z.B. appical, die bisher auf Pre-, On- und Offboarding fokussiert waren. Aktuell wird auch der Case Reboarding integriert, also für die Rückkehrer, wie das auch in der aktuellen Corona-Situation interessant sein könnte, wenn allesamt wieder in die Büros migrieren. Reboarding bildet also eine Spielart des Onboardings und richtet sich vermehrt an Wiederkehrende. Hier kann man Netzwerke bilden und persönliche Botschaften verschicken. Tatsächlich ist bei all den Möglichkeiten dennoch eins enorm wichtig: Die Durchgängigkeit der Experience. Denn auch die tollste Onboarding App ist nur so gut wie die tatsächlichen Unternehmenswerte, Kultur und Prozesse, also alles, was die neuen Kolleg*innen danach erleben. Die App muss hier zur restlichen Infrastruktur passen. Habe ich einfach gesagt eine sehr smarte und moderne Applikation eingekauft und am ersten Arbeitstag trifft der neue Kollege auf ein veraltetes und tristes Intranet, dann bin ich schnell am Ziel vorbei und die Gefahr der Ernüchterung schlägt mit voller Kraft zurück. Eine Onboarding App ist also auch Erwartungsmanagement.

Welche Benefits hat der Einsatz einer App über das Onboarding hinaus?

Es macht den Zugang zu Unternehmensinformationen und News für jeden Mitarbeiter überall und jederzeit erreichbar. Der Umgang und die Nutzung ist smart und den Alltag integriert. Neben einem kurzen Instagram Check , bevor ich zu Twitter wandere, kann ich auch einmal schnell in die Mitarbeiter-App schauen. Alles also on the flow. Mitarbeiter*innen erreiche ich somit nicht nur während der typischen Arbeitszeiten und auch das Aufnehmen der Informationen wird nicht als klassisches Arbeiten wahrgenommen.

Damit so etwas auch von den Kolleg*innen akzeptiert und angenommen wird, müssen Inhalte ansprechend und stimmig sein. Ich muss als Arbeitgeber nicht nur beim Onboarding Gas geben, sondern die Geschwindigkeit auch im daily business halten können.

Das waren jetzt schon ein paar spannende Impulse. Wenn ich als Leser noch Fragen habe, kann ich dann auf dich zukommen?

Sehr gerne. Am besten ihr schreibt mich einfach per LinkedIn an.

Was willst du noch etwas Abschließendes sagen? 😊

In Summe ist Onboarding allein schon gut, aber die Begleitung mit digitalen Technologien ist ebenso wichtig. Sie beginnt bereits im Recruitingprozess und endet auch nicht nach Austritt eines Kollegen. Allein, wenn man an Alumnis denkt. Zusätzlich ist es wichtig, dass die Employee Journey durchgängig ist und von allen gelebt wird.

An dieser Stelle vielen Dank an dich, Ulf, für deine Zeit und deine Impulse.

Ich hoffe, wir konnte mit dem Interview euch ein paar Anstöße geben und auch die ursprüngliche Frage von Stefanie beantworten.

Euer Johannes


Unser Gesprächspartner: Ulf Kossol

VOICES – Für alle Helden der Mitarbeiterkommunikation
Ulf Kossol (T-Systems Multimedia Solutions GmbH)

Ulf-Jost Kossol leitet den Bereich People Experience im Rahmen des Digital Work Departments der T-Systems Multimedia Solutions. Nach einer Offizierslaufbahn wurde er bekennender Social Media-Enthusiast und glaubt unaufhörlich an das vernetzte Unternehmen. Ulf ist häufiger Gesprächspartner für unseren HR-Bereich, damit wir voneinander lernen und gemeinsam neue Ideen entwickeln.

Header-Foto von Daria Nepriakhina (Unsplash.com)

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