Day and Night. Eulen oder Lerchen?

„Hey Johannes?“

„Was ist los Nico?“

„Ich bin gerade auf der Suche nach einem Slot für einen Abstimmungstermin. Wir brauchen mal deine Meinung zu einem Thema. Die Infos dazu schicke ich dir noch per E-Mail. Es sieht ziemlich voll aus im Kalender, aber früh ist noch Platz.“

„🤨“

Solche Situation gibt es nicht allzu häufig, denn ich weiß, dass Johannes oft bis in die späten Stunden an seinen Tunes frickelt. Genauso wie er weiß, dass ich recht zeitig unterwegs bin. Wie ist das eigentlich so, wenn man in einem Team verschiedene Tagesrhythmen hat. Wissenschaftlich heißt die 24-stündige Periode Circadiane Rhythmik. Auch wenn es heute nicht mehr um Überlebenskampf und Nahrungszyklen geht, so kennt doch jeder das Gefühl von mehr Müdigkeit im Winter, guter Laune unter funkelnden Sonnenstrahlen und das es bei uns allen anders ist. Und dazu kommt die angesprochene fehlende Deckung der bevorzugten Aktivitätszeiten.

Ein Forscherteam der Berliner Charité beschäftigte sich mit besonderen Biomarkern im Blut. Laut deren Erkenntnissen ist es möglich, mit Hilfe von Computeralgorithmen 12 Gene zu isolieren, die verlässlich die innere Uhr eines Menschen anzeigen ⏰. Neben den Auswirkungen auf das Teamerlebnis, ist diese Forschung interessant, wann ein Körper so arbeitet, damit Nebenwirkungen bei der Medikamenteneinnahme vermieden werden können. Hinter alledem steckt er, …

…der Chronotyp.

Die zwei in Langschläfer (sog. Eulen 🦉) und Frühaufsteher (sog. Lerchen 🐦) unterschiedenen Typen weisen große Unterschiede in Stoffwechsel, Organtätigkeit, Konzentrationsfähigkei, Kreativität, Problemlösungsfähigkeit, Müdigkeits- und Leistungsphase auf – wie die folgende Abbildung verdeutlicht:

Chronobiologie Chronotypen Eule Lerche Vergleich Biorhythmus Grafik
Quelle: https://karrierebibel.de/chronobiologie-chronotyp/

Lerchen sind morgens in logischen Analysen und Problemlösungen am stärksten, abends hingegen dem Konzentrationsmangel erlegen. Menschen, die morgens am leistungsfähigsten sind, schnitten abends bei der Aufgabe zur Vorstellungskraft und kreativem Denken am besten ab. Morgens waren sie dafür bei der zweiten Aufgabe zur logischen Analyse und Problemlösung am stärksten. Bei den Eulen ist es meist umgekehrte: Abends und nachts war die Fähigkeit zur logischen Analyse am stärksten ausgeprägt, wobei sie morgens, im Leistungstief, die kreativsten Phasen hatten.

Ein großer Zugewinn der letzten Jahre ist die Freiheit der eigenen Arbeitszeitgestaltung. Somit hat jeder die Möglichkeiten seine Arbeitszeit an die persönlichen, produktiven Stunden anzupassen. Das wirkt auf den ersten Blick wie ein Zugewinn für einen selbst und für den Arbeitgeber. Klingt einfach, aber ist es das auch? Oder wird es da nicht terminlich eng? 🤹 Wie arrangiert sich das in der Zusammenarbeit.

Die Aspekte, die mir einfallen, wenn Lerchen und Eulen aufeinandertreffen, sind die klassischen Nachteile, denen man sowieso in Diskussionen um flexible Arbeitszeiten begegnet.

  • Aus Mitarbeitersicht: Die Überlappung der Anwesenheit im Büro wird bei Flexibilität kleiner. Wenn das nicht gut austariert ist und die Erwartungen der Teams und Führungskraft nicht ausgesprochen werden, entstehen stillschweigend Überstunden und folglich psychische Belastung durch zusätzlichen Stress für alle Beteiligten. Die Trennung zwischen Arbeit und Freizeit fällt sowieso schon aufgrund der sozialen Medien, Karrierenetzwerken und immer komplexeren Problemstellungen schwerer als noch vor ein paar Jahren. Hilfreich ist hierbei (und sowieso bei der Erfüllung von Aufgaben in agilen Welten) die Eigenständigkeit.
  • Aus Unternehmenssicht: Flexible Arbeitszeiten können einen wirtschaftlichen Nutzen haben, aber auch hier sind die Gefahren wie Unproduktivität oder fehlende Weiterbildungsmaßnahmen (z.B. aus finanziellen Gründen) oft nicht im Blickfeld. Das kann aufgrund des Drucks durch den Bewerbermarkt schnell übersehen werden. Als Unternehmen muss ich andere bzw. ergänzende Wissensaustausch-Plattformen schaffen – technisch, wie auch organisatorisch. Damit wird die Kollaboration auch bei Abwesenheit von Teammitgliedern unterstützt.
  • Aus Teamsicht: Es ist nicht mehr selbstverständlich, dass alle Mitarbeiter*innen gleichzeitig im Büro sind. Es sind zusätzliche Regeln und Vereinbarungen im Team notwendig, damit alle sich wiederfinden. Man erlebt es häufig auch, dass das „Zusammenraufen“ auch Entwicklungszeit, Versuche und Erfahrungen benötigt. Achtet darauf, dass ihr euch als Team weiterhin ausreichend trefft, z.B. zu gemeinsamen Jour Fixes oder auch gemeinsamen Mittagessen. Das stärkt das Teamgefühl und auch den Teamgeist.

Im Sinne des Wohlbefindens und nach o.g. Erkenntnisse sollte sich kein Teammitglied verbiegen müssen – viel mehr sollten alle nach ihrer persönlichen Rythmus arbeiten können. Man sollte mit allen pfleglich umgehen und aufeinander zugehen. Auch gehört es dazu Schwierigkeiten in der (zeitlichen) Abstimmung anzusprechen. Also kein Blick auf die Uhr, wenn euch jemand einen schönen Feierabend wünscht 😤 sondern lächeln 😁.

„Mach nicht mehr so lange, Johannes!“

„Nur noch zwei, drei Mails. Schönen Feierabend.“

PS: Kennt ihr euren Rhythmus überhaupt? Es handelt sich bei dem Thema um ein großes Forschungsgebiet und es gibt einige wissenschaftliche Berichte sowie Studien, wie z.B. seitens des Leibnitz-Instituts für Arbeitsforschung an der TU Dortmund. Auch die Ersteller der oben gezeigten Abbildung (Karrierebibel) haben einen Test veröffentlicht. Seid ihr eher Eulen oder doch Lerchen?

Euer Nico

Header-Foto von freestocks (Unsplash.com)

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